Mit 17 an die Uni - Chancen für minderjährige Studierende
An deutschen Hochschulen und Universitäten studieren derzeit so viele Minderjährige wie nie zuvor. Laut Statistischem Bundesamt sind dies fast 3.000 Studenten unter 18 Jahren. Grund der Zunahme ist vor allem das G8-Abitur, das durch die Verkürzung der Schulzeit um 1 Jahr einen früheren Einstieg in Berufsausbildung oder in eine akademische Laufbahn ermöglicht, sowie die Aussetzung des Wehr- oder Ersatzdienstes.
Doch wie sollen Minderjährige mit beschränkter Rechtsfähigkeit studieren, wenn sie sich ohne Erlaubnis bzw. Zustimmung ihrer Eltern weder immatrikulieren, einen Bibliotheksausweis beantragen, einen Mietvertrag für die WG unterschreiben, am Hochschulsport teilnehmen oder den Studienbeginn bei der Erstsemesterparty mit hochprozentigem Alkohol feiern können.
Mit den Eltern bei der Studienberatung und im Hörsaal?
Neben den minderjährigen Studierenden bereichern jetzt auch deren Eltern, die sich um die Zukunft ihrer Kinder sorgen, die Hochschulen. Auf diesen steigenden Beratungsbedarf reagieren viele Hochschulen mit speziellen Elternangeboten wie Campus-Führungen, Informationsveranstaltungen oder Beratungsangeboten zu Studium und Gestaltung des Lebensumfeldes.
Dabei genießen junge Studierende besondere „Vorteile„. In Berlin werden etwa durch eine gesetzliche Minderjährigenquote 5 % der Studienplätze für unter 18-jährige Erstsemester aus der Hauptstadt und dem Umland reserviert. Zudem werden Minderjährige bei der Einschreibung bevorzugt, damit sie zu Hause wohnen bleiben und auf diese Weise schnell ins Studium starten können. In Niedersachsen sind minderjährige Studierende bis zur Volljährigkeit von den Studiengebühren befreit, um Anreize für einen frühzeitigen Studienbeginn zu schaffen.
Nichtsdestotrotz gibt es in der Zwischenzeit rechtliche Möglichkeiten, um das Studieren Minderjähriger formal zu erleichtern.
Rechtliche Möglichkeiten für minderjährige Studierende
In Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen ist es durch die Änderung der Hochschulgesetze der Bundesländer inzwischen möglich, dass unter 18-Jährige in allen Studienangelegenheiten selbst voll handlungsfähig sind und damit keine Unterschriften der Eltern mehr benötigen, wohingegen in Bundesländern ohne gesetzliche Regelung zu Studienbeginn eine rechtssichere Generaleinwilligung der Eltern einzuholen ist.
Viele Hochschulen und Universitäten haben auf ihren Webseiten spezielle Elterninformationen zum Studium ihrer minderjährigen Kinder veröffentlicht, aus denen die Rechtsgeschäfte der minderjährigen Studierenden ersichtlich sind, denen die Eltern mit ihrer Unterschrift zustimmen (z. B. Anmeldung zur Prüfung, Nutzung der Bibliothek und der IT-Dienste, Zahlung von Gebühren und Beiträgen, Teilnahme am Hochschulsport, Wechsel des Studiengangs, ggf. aber auch Adresse der Postzustellung).
Die Generaleinwilligung schließt meist vom regulären Studienablauf abweichende Angelegenheiten wie den Rücktritt von Prüfungen, Verlängerung von Prüfungsfristen oder Vertragsabschlüsse als studentische Hilfskraft nicht mit ein, so dass bei derartigen Fällen gesonderte Erklärungen der gesetzlichen Vertreter bzw. des Minderjährigen notwendig sein können.
Achtung! Mit der Generaleinwilligung übertragen die Eltern nicht die Aufsichtspflicht an die Hochschulen bzw. Universitäten!
Studienkredite, Mietverträge und Partys
Sofern Studierende für die Finanzierung ihres Studiums einen Studienkredit aufnehmen wollen oder müssen, ist die Erlaubnis der Erziehungsberechtigten und eine Genehmigung des Familiengerichts erforderlich. Studienkredite werden gegenwärtig nur an voll geschäftsfähige Schuldner vergeben!
Auch wenn minderjährige Studierende einen Mietvertrag für ihre Studentenwohnung oder WG unterschreiben wollen, brauchen Sie in jedem Fall die Unterschrift der Eltern. Vermieter möchten sich zudem auch oft vor möglichen Schäden am Wohnungsinventar schützen und holen aus gutem Grund die Eltern mit ins Boot.
Und: Bei öffentlichen Feiern wie etwa die Erstsemesterparty darf an Minderjährige kein harter Alkohol ausgeschenkt werden, und sie müssen entsprechend des Jugendschutzgesetzes 24 Uhr zu verlassen, es sei denn, sie werden von einem Erziehungsberechtigten begleitet.
Noch grün hinter den Ohren?
Unabhängig von rechtlichen Fragen sind minderjährige Studierende häufig noch nicht völlig selbstständig und benötigen als Küken an den Unis in organisatorischen Fragen noch einige Unterstützung. Neben der Hilfe durch die Studienberatungen der Hochschulen und Universitäten sowie ältere Mitstudierende wird in der Anfangszeit der Rat der Eltern noch eine wichtige Rolle spielen.
Sonderfall Fernstudium?
Da für die Teilnahme an akademischen Fernstudiengängen der Fernhochschulen oder beruflich orientierten Weiterbildungen der Fernschulen meist Vorqualifikationen bzw. Berufserfahrung vorausgesetzt werden, spielt das Mindestalter hier eher eine untergeordnete Rolle. Für die Absolvierung von Kursen ohne jegliche Zugangsvoraussetzung können sich Minderjährige anmelden, wenn die gesetzlichen Vertreter die Kursanmeldung mit ihrer Unterschrift legitimieren.
An der FernUni Hagen ist bereits ein früherer Einstieg in das altersunabhängige Akademiestudium möglich, das dem Gasthörerstudium an Präsenzhochschulen entspricht und als Schülerstudium noch vor dem Abitur für die Orientierung an der FernUniversität, als Test der Studienfächer oder für die Aufnahme eines Bachelor Studiums von besonders Begabten empfohlen wird.
FAZIT:
Für das Studium Minderjähriger sind einige Besonderheiten zu beachten, auf die einige Bundesländer durch die Änderung ihrer Hochschulgesetze oder die Hochschulen und Universitäten mit Sonderregelungen reagieren. Weitergehende Erleichterungen der Studienorganisation für minderjährige Studierende müssen nichtsdestotrotz stets auf rechtssicheren Füßen stehen.
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