Bildungshoheit der Bundesländer

Bildungsförderalismus zwischen Anspruch und Realität –

eine ganz persönliche Betrachtung

 

Der Wandel unserer Gesellschaft, rasante wirtschaftliche und technologische Veränderungen, sich verschärfender Wettbewerb oder die Auswirkungen der Globalisierung stellen an alle Arbeitnehmer – vom Mitarbeiter bis zum Geschäftsführer – besondere Anforderungen, die nicht nur die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen oder die Bewältigung aktueller beruflicher Problemstellungen beinhalten.

Firmenfusionen, Unternehmensausgründungen, neue Produktionsstandorte oder die Konzentration von Behörden erfordern oft den Wechsel des Arbeitsortes. Spätestens dann wird von uns, Familie inbegriffen, Mobilität und Flexibilität erwartet! Wir ziehen um in ein anderes Bundesland, übernehmen anspruchsvolle Arbeitsaufgaben an einem fremden Ort, unsere Kinder besuchen neue Bildungseinrichtungen. Aber muss höchste Flexibilität auch grenzenloses Chaos bedeuten?

BildungshoheitZum Verständnis: Dass allen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen – unabhängig von ihren Stärken und Schwächen – eine individuelle Förderung gewährleisten werden soll, steht hier nicht zur Disposition.

Ist durch Förderalismus Bildungsqualität unmöglich?

In Übereinstimmung mit dem Grundgesetz wurde durch die 2006 beschlossene Förderalismusreform den Bundesländern die Bildungshoheit u. a. mit dem Ziel übertragen, gezielt die Bildungsverantwortung vor Ort zu stärken.

Obwohl die Kultusministerkonferenz beauftragt ist, Qualität und Vergleichbarkeit der Bildung durch ein Mindestmaß an Einheitlichkeit zu sichern, unterscheiden sich die Schulsysteme teilweise erheblich. Die Kleinstaaterei in unserem förderalen Bildungssystem mit Orientierungs- und Sekundarstufen, Kollegs, Abendgymnasien, Fachabitur, Abitur online, Hochschulgesetzen, Bachelor, Master oder Diplom, Studiengebühren und einer Fülle von differierenden Länderregelungen und Ausnahmen – wer soll da noch durchblicken?

Diejenigen, die alle Schulformen, Zugangsvoraussetzungen und gesetzliche Bestimmungen auch nur einigermaßen verstehen, haben aus unserer Sicht neben Abitur, Fachhochschulreife und fachgebundener Hochschulreife ebenfalls eine Hochschulzugangsberechtigung verdient.

Dass wir auf unseren Webpräsenzen häufig auf Sonderregelungen und Gesetze der Bundesländer verweisen und unsere Inhalte damit an Konkretheit und Griffigkeit verlieren (müssen), ist dabei ein eher kleines Problem.

Vereinheitlichung muss nicht Gleichmacherei bedeuten

Die auf dem Arbeitsmarkt notwendige Flexibilität erfordert auch vergleichbare Voraussetzungen im Schulsystem und damit bundeseinheitliche Bildungsstandards.

Hier und da klassenübergreifender Unterricht, Schreiben nur in Druckschrift und Schreiben nach Gehör, unleserliche Handschrift, keine Korrektur der Rechtschreibung und fehlende Bewertung in den Grundschulen, keine Vorstellungen von beruflichen Zielen und Studienmöglichkeiten – sieht so das „wahre“ Leben aus? Fallen unsere Kinder und Jugendlichen aus allen Wolken, wenn sie die Schule beenden?

Warum müssen Kinder gegebenenfalls ein Schuljahr wiederholen oder neue Lehrmaterialien anschaffen, wenn ihre Eltern aus Arbeitsgründen in ein anderes Bundesland umziehen? Was spricht dagegen, Lehrpläne und Lehrmittel weitgehend zu vereinheitlichen, das Zentralabitur abzulegen oder alle Schulabschlüsse deutschlandweit anzuerkennen? Was hindert uns, dass Lehramtsstudium so zu gestalten, dass unsere Lehrer mit analoger Ausbildung auch vergleichbare Inhalte, egal ob in Sachsen, Bayern oder Schleswig-Holstein, vermitteln?

Bildungsqualität = Verallgemeinerung erfolgreicher Konzepte und Abbau von Hemmnissen?

Positive Erfahrungen aus den Bundesländern könnten in all diese Prozesse einfließen und dazu beitragen, ein transparentes, für jeden verständliches und vor allem praxistaugliches Bildungssystem zu schaffen sowie parallel eine hohe Qualität zu sichern. Bildungsqualität schließt aus unserer Sicht auch ein, dass jeder Schulabgänger eine fehlerfreie und lesbare handschriftliche Bewerbung verfassen könnte, ohne am Computer die Rechtschreibehilfe zu bemühen.

Das Ziel unserer Bildung – die Vorbereitung auf das berufliche und gesellschaftliche Leben durch ein bestmögliches Bildungsniveau und eine hohe Sozialkompetenz – ist länderübergreifend unstrittig! Wir finden, das ist ein schon mal ein Anfang!

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